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Schematischer Grundriss der Festung Sparrenberg mit besonderer Berücksichtigung ihrer ersten Ausführung (ab 1535 bis um 1556, ohne Darstellung von Brücke und Vorwerk/en).

BBrücke zum Windmühlenrondell
BTBurgtorhaus
EEntladehof
FTFestungstorhaus
Hsogenannter Hohler Zahn (vermut­licher Rest der Eck­be­bauung der mittel­al­ter­lichen Ring­mauer)
Ksogenannter Kapellenmauerrest
KRKiekstattrondell
MRMarienrondell
Ssüdliche Schießscharte im Wind­müh­len­rondell
SchScherpentiner
SRSchusterrondell
WRWindmühlenrondell
ZZeughaus mit den Räumen 1 - 5
Ausbau zur Festung (1535 - 1559)

Mit dem Ende des Mittelalters wechselte abermals die Landesherrschaft: Die Grafschaft Ravensberg gelangte 1511 in den Verbund mit den Herzögtümern und Grafschaften Jülich, Kleve, Berg und Mark. In dieser Zeit wurde die Sparrenburg zu einer Renaissance-zeitlichen Festung um- und ausgebaut. Dies war wegen der Entwicklung der Feuerwaffen erforderlich geworden. Die Entscheidung, die Sparrenburg entsprechend zu befestigen, fiel schrittweise, so dass man heute den Ausbau als in drei Phasen geschehen beschreiben kann.

In der ersten Phase erhielt die Burg lediglich einen vor ihrer Westecke freistehenden Geschützturm, das heutige Windmühlenrondell. Plattform oben und Gefechtsraum darunter konnten über eine doppelstöckige Brücke von der Burg aus erreicht werden (Phase 1). Für die aufwändige Brückenkonstruktion entschied man sich, weil der Zugangsweg zum Eingang der Burg hier um sie herum geführt war.

Dieser Ausbau wurde der strategischen Bedeutung der Sparrenburg womöglich nicht gerecht, sodass sich die Klever alsbald für eine deutlich umfassendere Veränderung entschieden. Für ihre neue Festung wurde die von Albrecht Dürer entwickelte Bauweise zugrunde gelegt (Albrecht Dürer, Etliche underricht zu befestigung der Stett, Schloss und flecken, Nürnberg 1527): an den Ecken einer Festung sollten Rondelle entstehen, von denen die Anlage mit Kanonen verteidigt werden konnte. Von ihren Mittelpunkten aus sollten die Rondelle mit mächtigen Festungsmauern, den Kurtinen verbunden werden.

Das Gelände wurde dabei nach drei Seiten erweitert, nur auf der Passseite bildete zunächst weiterhin der Fels das Ende des Bergsporns (Ende im Gelände). Im mittelalterlichen Burgenbau war der Fels als natürliche Gegebenheit Vorgabe für das erschließbare und zu umwallende Gebiet.

Auf der Zugangs- bzw. Angriffsseite wurden nun die beiden Rondelle gebaut, die durch eine neue, der Burg vorgelagerten Kurtine mitein­ander verbunden wurden. Ihre beiden Kasematten (untere innere Gefechtsräume) wurden durch das Auffüllen des Bereichs mit Erde Teil eines Systems unterirdischer Räume und Gänge mit einem Ausfalltor zur stadtseitigen Kurtine heraus, die nun errichtet wurde. Spätestens mit dieser musste auch das nördliche Kiekstattrondell gebaut werden. Dieses wurde analog zum Windmühlenrondell vor der Nordecke der Burg errichtet. Statt einer Brücke erhielt das Kiekstattrondell aber nur einen (zweistöckigen) Zugangsdamm. Der Bereich zwischen ihm, der stadtseitigen Burg- und der stadtseitigen neuen Festungsmauer wurde nun auch mit Erdreich aufgefüllt.

An der gegenüber liegenden, südwestlichen Längsseite hätte eine die beiden Rondelle verbindende Kurtine die südliche Schießscharte des bestehenden Geschützturms in ihrer Funktionalität beeinträchtigt. Wohl deshalb wurde nicht diese, aber eine jenem Kriterium gereichende andere gebaut. Dazu wich man von der Dürerschen Lehre im gesamten westlichen und nordwestlichen (passseitigen) Bereich ab. An der Passseite entschied man sich gegen eine Verbindung der beiden Türme mit einer Kurtine und setzte der alten Burgmauer schlicht eine neue Festungsmauer vor. Diese Mauer führte man links der Brücke nach Südwesten bis vor die Schusslinie der südlichen Schießscharte des Geschützturms fort. Von hier aus wurde nun eine Kurtine in den Mittelpunkt des südlichen Schusterrondells errichtet (Phase 2, erster Teil). Das Zeughaus wurde gebaut. Das Fundament seiner nordwestlichen Traufseite bildet die neue Festungsmauer. Raum 4 enthielt die beiden (oberen und unteren) Zugänge in die doppelstöckige Brücke zum Geschützturm.

In einer weiteren Anstrengung wurde versucht, die fragile Situation im Westen zu verstärken. Dazu wurde von der neuen Festungsecke hin zur südlichen Schießscharte des Geschützturms eine Mauer gezogen und der Brückenbogen möglicherweise erstmalig zugemauert. Jedenfalls gab es hier keinen Durchgang mehr. Auch diese Mauer beeinträchtigte die Funktionalität der genannten Schießscharte augenscheinlich nicht. Zur Passseite hin entstand so eine Art massives bzw. massiv wirkendes Hornwerk als nordwestlicher Abschluss der Festung mit den beiden Geschütztürmen an den Spitzen (Phase 2, zweiter Teil).

Trotz dieser Verbesserungen blieb die Westecke Schwachpunkt der Gesamtanlage. Hier gab es Bereiche, die nicht verteidigt werden konnten: nicht erreichbare tote Winkel, kein oder unzureichendes Bestreichen (die Linien von Befestigungswerken unter Geschütz- oder Gewehrfeuer halten) der Südwestkurtine vom Windmühlenrondell (Geschützturm) aus, kein oder unzureichender gegenseitiger Flankenschutz des westlichen mit dem südlichen Rondell. Damit wurde ein Verteidigungswerk weiter südwestlich notwendig. Es folgte die dritte Phase des Um- und Ausbaus der Sparrenburg zur Renaissance-zeitlichen Festung. Dem fortifikatorischem Stand der Zeit gemäß konnte hier nur eine Bastion entstehen. Dies wurde mit dem Bau der Bastion (genauer: Halbbastion) Scherpentiner schließlich verwirklicht. Dessen Bau allerdings erforderte eine Verschwenkung der Südwestkurtine, da die vorhandene von einer an das Windmühlenrondell angebauten Bastion aus wegen dessen Rundmauer nicht hätte bestrichen werden können.

Im Zuge dieser Planung wurde der Bereich südwestlich (links) der Brücke in das erweiterte Festungsgelände miteinbezogen. Der Scherpentiner erhielt Zugang durch eine Poterne, einen Verbindungsgang, die nahe der neuen Kurtine das Festungsgelände mit der großen, an das Windmühlenrondell angelehnten Treppe auf der Bastion verbindet. Unter der Treppe wurde ein Zugang in die Rondellkasematte gebrochen. Die sich nun unterirdisch befindende südliche Schießscharte des Windmühlenrondells wurde ihrerseits zu einem Durchgang vergrößert, der schließlich durch eine neu angelegte Nebenkasematte auf den Durchgang zum Scherpentiner mündet. Eine weitere Nebenkasematte, der sogenannte Entladehof entstand, als man in den bislang zumindest nach oben offenen Raum zwischen Windmühlenrondell, Festungsmauer usw. eine der Festungsmauer gegenüber liegende Wand einzog und diesen dann überwölbte.

Der nordwestliche Bereich zwischen den Rondellen wurde gemäß den Dürerschen Ideen geschlossen. Die Kasematten beider Rondelle wurden durch einen Gang miteinander verbunden. Zunächst wurde an dieser Seite aber ein einzelner, zugangsloser, gewölbter Raum unterhalb der geplanten Gangebene angelegt, der lediglich einen gemauerten Schacht bis hoch zur Festungsebene aufweist. Ein an seinem oberen Ende nordwestlich direkt angelegter zweiter Schacht gleicher Weite führt in Höhe der Gangebene aus der Kurtine heraus. Die Funktion dieses Raums konnte nicht geklärt werden. Seine Lage ist am Grundriss des Gangs zu erkennen, der nur in diesem Bereich genau parallel, sonst leicht schräg zur Kurtine verläuft.

Der Verbindungsgang zwischen den Rondellen stößt an seinem südwestlichen Ende auf den Brückenansatz am Windmühlenrondell. Für diesen, sowie um einen Zugang von der Rondellkasematte zum Entladehof herzustellen, wurde die Treppe von der Kasematte auf die Brücke bis zu erforderlicher Durchgangshöhe abgebrochen: Scherpentiner und Kasematte waren bereits über die Poterne mit anschließender großer Treppe bzw. wurden jetzt auch über den ehemals nur in das Kiekstattrondell führenden Zugang erreichbar. Die Festung hatte nun ihre bis heute bestehende Form (Phase 3).

Mit dem Tod des letzten klevischen Herzogs 1609 entbrannte der jülich-klevische Erbfolgestreit. Schließlich wurde die Grafschaft gemeinschaftlich von Brandenburgern und Pfalz-Neuburgern regiert. Am Ende des 30jährigen Krieges gelangte sie endgültig in brandenburgischen Besitz.



Ein ausführlicher Artikel über den Umbau der mittelalterlichen Sparrenburg zur Renaissance-zeitlichen Festung Sparrenberg ist erschienen in den Ravensberger Blättern, 1. Heft 2013, ISSN 1866-041X, zu beziehen beim Historischen Verein für die Grafschaft Ravensberg e. V., http://www.hv-ravensberg.de/ - Publikationen - Ravensberger Blätter - Ravensberger Blätter, Erstes Heft 2013, Thema: Archäologie.