Bielefelder Burg (seit 1879)
Die noch zu Gefängniszeiten begonnene burgenromantische Erneuerung der Anlage wurde nach ihrem Erwerb durch die Stadt weiter fortgesetzt. Nach dem Ende der Nutzung des Wirtschaftsgebäudes als städtisches Gefängnis auf preußisch- 1907 beauftragte die Stadt ihren Architekten Herzbruch mit archäologischen Erkundungen und Vermessungsarbeiten. Die hier gewonnenen Ergebnisse waren bis zum Ende des 20., Anfang des 21. Jahrhundert die umfangreichsten und genauesten, die bis dahin vorgenommen worden sind. Im Zweiten Weltkrieg diente die Burg und Festung als Flakstellung und die Kasematten wurden teilweise als Luftschutzbunker genutzt. Angloamerikanische Bomber zerstörten 1944 alle auf der Festung vorhandenen Gebäude und die Brücke, lediglich der Turm blieb unversehrt. Brücke und Palas wurden nach dem Krieg in veränderter Form wiederaufgebaut, ein Kiosk kam hinzu. Auch sind bis zum Ende der 1980er Jahre die Festungsmauern wieder verblendet worden. Diese Steine waren bereits Ende des 18. Jahrhunderts zunächst zum Bau des Milser Bleichhauses, vor allem aber dann zum Bau der Garnisonskaserne am Fuße des Burgberges verwendet worden. Zwischen 2006 und 2013 erfuhr die Burg und Festung eine Restaurierung vor allem aufgrund von Wasserschäden. Im Zuge dieser Arbeiten wurden spektakuläre archäologische Entdeckungen gemacht. Einige bleiben dauerhaft sichtbar, ein Teil von diesen ist wiederum zugänglich. Zu den Erstgenannten zählen die freigelegte Gefechtsplattform des Kiekstattrondells, das durch seine Grundmauern sich darstellende Zeughaus, die Mauerbögen am Eingang der Festung, von diesem aus gesehen links der Reste des Festungstorhauses. Dessen einzig erhaltener Raum ist durch die Öffnung des nach dem Zweiten Weltkrieg zugemauerten Eingangs wieder zugänglich. Die meisten Räume des Zeughauses können betreten werden. Das Kiekstattrondell ist nur mit Führung zugänglich. In diesem Zusammenhang erhielt die Sparrenburg ein neues Nutzungskonzept, das historische, touristische und Belange des Naturschutzes (Fledermauswinterquartier) berücksichtigen soll. Ein neues Besucherzentrum ist als Ausstellungsgebäude und Kassenraum für Turm und Kasematten errichtet worden. Zunächst sollte es hinter dem Restaurantgebäude an der Südwestkurtine entstehen. Dieser Standort wurde schließlich auch auf Druck von Archäologen und Historikern verworfen. Nachdem man sich auf den jetzigen Standort in etwa am alten Kiosk verständigt hatte, wurde ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben, der Kiosk abgerissen und es fanden wieder einmal Grabungen statt. Dabei wurde der bislang lediglich vermutete Verlauf der mittelalterlichen Burgmauer von der Torhausruine hin zum Mauerturmrest an der Stadtseite des Innenhofes bestätigt. Die mittelalterliche Burgmauer blieb während der Festungszeit (ab Mitte des 16. Jahrhunderts bis Anfang des 18. Jahrhunderts) in die neue Bebauung sichtbar integriert. Ihren über ein halbes Jahrtausend bestehenden architektonischen Sachverhalt bildet der Siegerbeitrag des Architektenwettbewerbs aber nicht ab. Entgegen den Beschlüssen des von der Stadt eingesetzten Koordinierungskreises Sparrenburg steht das neue Besucherzentrum in der gleichen, wie der alte Kiosk als fremdartig und störend bemängelten Flucht der Verbreiterung des Torhauses. Zudem berücksichtigt es nicht die Verringerung des als Burghof zur Verfügung stehenden Platzes durch seine eigene Errichtung. Eine großzügige Eingangs- und Aufenthaltssituation für das Besucherzentrum z. B. vor dem Zugang zum Marienrondell wurde nicht in Betracht gezogen. Zu dem nun deutlich vermehrten Besucherstrom in den Innenhof (Karten für Turm und Kasematten gab es zuvor außerhalb am Turm) werden sich weitere Menschen gesellen, weil das nur von hier zugängliche Turmverlies als Ausstellungsraum für die Gefängnisgeschichte künftig genutzt werden soll. Neben den Plätzen für die Gastronomie im Innenhof stehen der Öffentlichkeit hier ferner Bänke und Tische zur Verfügung. Fraglich scheint, ob naheliegende sicherheitsrelevante Aspekte überhaupt Eingang in die Planung gefunden haben. Schlussendlich müssen sich die Bielefelder auch damit abfinden, dass die mittelalterliche Burgtorhausruine vom Innenhof nicht mehr wahrnehmbar ist: Das Besucherzentrum verdeckt die alte Architektur indem es mit Beton eine nie da gewesene Verlängerung des Torhauses imitiert. Auch damit wurde die Vorgabe des Koordinierungskreises zur Wahrung der historischen Authentizität verletzt. Es scheint, dass vor allem der aus dem Stadtjubiläum resultierende Zeitdruck die Verantwortlichen zu übereilten Entscheidungen getrieben hat, was nicht als Entschuldigung gelten darf. Die Entscheidung für ein Besucherzentrum ist eine Festlegung wenigstens für Jahrzehnte. Und seit Ende 2013 stand dann fest, was zu befürchten war: dass das neue Zentrum nicht vor Pfingsten des Jubiläumsjahres und somit nicht wirklich rechtzeitig eröffnet werden konnte. Ein Verzicht auf das Prestigedatum wäre für die Sparrenburg und seine Besucher sicher die bessere Lösung gewesen. |